Der erste Eindruck zählt. Ein Metzger weiss das umso mehr, stellt er seine Arbeit doch gut sichtbar in der Fleischtheke aus.
Auch Petrit Berisha folgt diesem Prinzip. Nicht umsonst richtet er seinen Laden, Beri’s Zurzi Metzg, im Flecken von Bad Zurzach nach einem klaren Schema ein. Zuvorderst steht die ausgeleuchtete Theke: Links glänzen vakuumierte Filets sowie Schweins- und Lammstücke, rechts liegen Würste aller Art und Grössen, ordentlich geordnet und mit kleinen Schildchen versehen.
Dahinter sieht man eine weisse Wand, darunter eine sauber geputzte Plattform, auf der das Fleisch für die Kundschaft hergerichtet wird. Gleich oberhalb hängen Würste an einem Edelstahlgestell. Eigens produzierte Saucen sind in einem separaten Regal angeordnet. Im hinteren Teil des Raumes, durch Mauerwerk verdeckt, befindet sich der Arbeitsbereich, dort, wo das Fleisch noch unbearbeitet ist und sich in ein verkaufstaugliches Produkt verwandelt.
Berisha sagt: «Es ist der Traum jedes Metzgers, der das Handwerk ausführt, eines Tages eine eigene Metzgerei zu haben.» Doch nur wenige seien imstande, sich diesen zu erfüllen. Meist halte das Finanzielle einen davon ab. Er selbst hat es geschafft, auch wenn sein Einstieg ins Unternehmertum eher zufällig war. Eigentlich lief alles darauf hinaus, eine langjährige Karrierelaufbahn in einer Führungsposition zu bestreiten – gut bezahlt, mit interessanten Projekten und viel Handlungsspielraum. Nach fünf Jahren in der Firma hatte Berisha die Position des Abteilungsleiters bei der Geiser AG in Schlieren in Aussicht, einer Grossmetzgerei der Bell Food Group.
Bereits als Kind Feuer und Flamme
Dann, 2022, wurde seine Frau auf die Schliessung der Zurzi Metzg aufmerksam – der frühere Pächter Christian Traube führte dies auf Fachkräftemangel, Konkurrenzdruck und die Corona-Pandemie zurück. «Shqipone stiess mich an, mir zu überlegen, die Metzgerei zu übernehmen», sagt Berisha, der seit 14 Jahren in Koblenz wohnt. Nach kurzer Bedenkzeit war für den dreifachen Familienvater klar: «Ich mache es. Sonst hätte ich mich wahrscheinlich mit 65 geärgert, die Chance nicht ergriffen zu haben.» Rasch suchte er das Gespräch mit Mathias und Rita Arnold, den Eigentümern der Metzgerei. Wenig später bekam er die Zusage. Er setzte sich jedoch eine Frist: Wenn es nach drei Jahren nicht läuft, hört er auf.
Mittlerweile sind knapp zweieinhalb Jahre seit der Neueröffnung am 7. März 2023 vergangen. Und sein Geschäftsplan scheint sich als Erfolg zu erweisen. Unterstützt wird er dabei von seiner Mutter im Laden und von seiner Frau in organisatorischen Dingen, was den Betrieb überhaupt erst möglich gemacht hat. «Bis jetzt sieht alles sehr gut aus. Wir sind froh darüber, wie gut uns die Menschen von Anfang an akzeptiert haben. Wir haben viele Stammkunden aus dem Zurzibiet», sagt Berisha. Das ermöglicht ihm, seine Vorstellungskraft in Eigenregie voll auszuleben, wie Fleisch ideal zubereitet und aromatisch veredelt werden kann. So wie er es sich immer gewünscht hat. Bereits als Achtjähriger entdeckte er seine Faszination für Lebensmittel. Regelmässig kochte er zu Hause für seine Verwandten.
Und während seine Eltern bei der Arbeit waren, servierte er seiner Schwester mittags hin und wieder ein Menü – natürlich von ihm gemacht. Eine Lehrstelle als Koch stand aber nicht zur Debatte. Das Problem: die Zimmerstunden. «Ich befürchtete, meine Familie und Freunde fast nicht mehr zu sehen. Das ging einfach nicht in meinen 16-jährigen Kopf hinein», sagt Berisha. Schliesslich begann er eine Metzgerlehre bei der Metzgerei Rhyner in Bülach, wo er – seit er als Baby aus dem Kosovo in die Schweiz kam – auch aufwuchs. Seither ist er dem Beruf treu geblieben.
Komplex und facettenreich
Im Laufe der Jahre setzte er sich stets für eine bessere gesellschaftliche Anerkennung des Metzgerberufs ein. «Viele haben ein falsches Bild von uns und wissen kaum, wie komplex und facettenreich unsere Tätigkeit ist.» Ihn stört, dass handwerkliche Berufe heute oft als minderwertig wahrgenommen werden. Deshalb liegt es dem 39-Jährigen am Herzen, mit seiner Arbeit dagegen anzukämpfen – daraus entwickelte sich auch sein Verantwortungsbewusstsein und Stolz, Metzger zu sein.
Es ist kaum abwegig zu sagen, dass Beri’s Zurzi Metzg – benannt nach Berishas Spitznamen «Beri» – zeigt, wofür ein guter Metzger steht. Berisha legt grossen Wert darauf, sein Handwerk bestmöglich in Szene zu setzen. Anfang September, wenige Tage vor dem Zurzifäscht, bereiten er, vier Teilzeitmitarbeiter – darunter seine Frau – sowie seine Mutter, die Vollzeit arbeitet, die Bestellungen im Laden vor. Die Hingabe ist sofort zu spüren. Doch für einen kurzen Augenblick hält Berisha inne und sagt: «Ich hoffe sehr, dass sich die Metzgerei über meine Lebzeiten hinweg behaupten kann.» Dann macht er weiter.