notifications
BAD ZURZACH

Die Töchter des Fahrlehrers

Nicole und Fabienne Mühlebach sind die Töchter des Fahrlehrers und sie sind eigenständige Unternehmerinnen. Eine Begegnung mit ihnen offenbart, wie Unternehmergeist von einer Generation zur nächsten weitergegeben wird.
Die Töchter des Fahrlehrers
Nicole und Fabienne Mühlebach – in den Schwestern lebt der Taten- und Gestaltungsdrang des Vaters weiter.
Foto: dvd

Die Schwestern haben sich beide kurz nach der Lehre in die unternehmerische Selbstständigkeit gewagt. Sie haben sich dabei aber nicht etwa ins gemachte Nest gesetzt und die Fahrschule ihres Vaters übernommen, sondern sind ihrer eigenen Berufung gefolgt. Woher kommen der Mut und die Überzeugung, damit erfolgreich zu sein? Welche Rolle spielen die Kindheitserfahrungen im Umfeld der väterlichen Fahrschule? Die «Botschaft» hat sich mit den beiden auf Spurensuche begeben.

Herausfinden, wofür das Herz brennt

Nicole ist die ältere der beiden. Warum ist sie nicht Fahrlehrerin geworden, wie ihr Vater? «Unsere Eltern haben uns nie gedrängt, einen bestimmten Beruf nach ihren Vorstellungen zu wählen», sagen beide Schwestern einhellig. Sie seien stets darin bestärkt worden, herauszufinden, wofür ihr Herz brennt. «Unser Vater liebte seinen Beruf. Ihm war wohl sehr bewusst, dass das für ein erfolgreiches Berufsleben von zentraler Bedeutung ist», vermuten beide. So kam es, dass keines der Kinder die Fahrschule übernehmen wollte. Stattdessen wandten sich gleiche beide Töchter nach der obligatorischen Schulzeit der «Schönheitsbranche» zu. Fabienne nämlich, fünf Jahre jünger als ihre Schwester, entdeckte ihr Faible fürs Haareschneiden und liess sich in Baden zur Coiffeuse ausbilden.

Visionen entwickeln

«Ich will mich selbstständig machen», eröffnete die 24-jährige Fabienne eines Tages ihrem Vater. In der Überzeugung, dass man alles schaffen kann, wenn man liebt, was man tut und willens ist, sich dafür einzusetzen, unterstützte der Vater seine Töchter, ohne ihnen die Denkarbeit abzunehmen. «Er regte uns schon als wir klein waren mit den richtigen Fragen zum Nachdenken an und half uns dabei, Visionen zu entwickeln», erzählt Nicole. «Wer etwas will, muss etwas dafür tun – so lautete die Devise», ergänzt sie und liefert ein Beispiel aus der Kindheit.
«Nach einem Spendenaufruf im Radio baten wir unsere Eltern, uns an der Aktion beteiligen zu dürfen», erzählt sie. «Anstatt uns einfach Geld zu geben, fragten sie, was wir tun wollen, um welches zu verdienen», erklärt Nicole. «Mein Vater verdoppelte den Erlös aus dem Verkauf selbst hergestellter Basteleien. Er motivierte uns damit, selbstwirksam zu handeln.» Könnte das ein Grund sein, weshalb sich die Mühlebach-Schwestern ein Leben als Unternehmerinnen zutrauten?

Tatendrang im Blut

«Ganz ehrlich? Ich war damals unglaublich naiv», gesteht Fabienne. «Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mir jemals wirklich Gedanken über die Konsequenzen einer solchen Entscheidung machte. Aber ich hatte eine Vision und ich wollte sie verwirklichen.» «Ich glaube, den Tatendrang, den Wunsch, etwas nach unseren Vorstellungen zu gestalten und zu bewegen, haben wir von unserem Vater geerbt», ergänzt Nicole, «und unsere Eltern haben es beide verstanden, diese Eigenschaften zu fördern», fügt sie hinzu.  Aber reicht das, um ein Unternehmen erfolgreich zu führen? 

Wer seinen Beruf liebt, arbeitet mühelos

«Unser Vater hat uns nicht vorenthalten, dass es uns viel abverlangen würde», erklärt Fabienne. «Fabienne, als Selbstständige arbeitest du selbst und ständig!» Das war die einzige Warnung, die der Vater ihr mit auf den Weg gab und das war letztlich auch, was sie in ihrer Kindheit erlebt hatten. «Als selbstständiger Fahrlehrer arbeitete unser Vater eigentlich immer – 40 Jahre lang», sagen beide. «Nur merkte man es ihm nicht an», fügen sie hinzu. «Weil er es liebte, jungen Leuten das Fahren beizubringen, ging ihm die Arbeit leicht von der Hand. Er wirkte nie angestrengt». «Vermutlich blieb er deshalb so lange jugendlich, lustig und agil», resümiert Nicole.

Und natürlich war die Fahrschule, in der Generationen Zurzibieter Fahrschüler Auto- oder Motorradfahren lernten, keine One-Man-Show, sondern ein Familienprojekt. «Kaum betrat er den Raum, verteilte er reihum Arbeiten. Und noch bevor meine Mutter einen Notizblock in der Hand hielt, war er auch schon wieder mit dem nächsten Fahrschüler auf und davon», erinnert sich Fabienne. «Jeder in der Familie hatte Jobs zu erledigen, die für den Betrieb der Fahrschule wichtig waren.» Sei es Autos waschen oder Pneus wechseln. Die Mutter erledigte die administrativen Aufgaben des Fahrschulbetriebs. «Zu Hause wurde viel erwartet», sagt Fabienne. Herumsitzen und Faulenzen wurde nicht geduldet.

Beweglich bleiben

Hatten die beiden Frauen niemals Angst, zu scheitern? «Nein, eigentlich nicht», sagt Nicole. «Ich habe mich nie lange mit Fehlern aufgehalten. Wenn etwas schiefging, habe ich sofort nach eine Lösung gesucht.» Also haben die beiden Frauen auch falsche Entscheidungen getroffen? «Ja, natürlich», gibt Fabienne zu, ohne, dass ihr dabei ein Stein aus der Krone fällt. «Nach meiner Erfahrung ist es als Unternehmerin wichtig, beweglich zu bleiben und sich kreativ und visionär auf Herausforderungen einzulassen», erklärt Nicole und nennt als Beispiel die Corona-Pandemie.

In die Rolle hineingewachsen

Hätten die Eltern Zweifel gesät oder ihnen vom Schritt in die Selbstständigkeit abgeraten, wäre es für sie schwierig gewesen, sagen sie. «Vielleicht hätten wir es überhaupt nicht gewagt», sagt Nicole. «Hätte ich damals gewusst, was ich heute weiss – wohl auch nicht», fügt Fabienne an. Gleichwohl kann sie sich heute nicht mehr vorstellen, in einem Angestelltenverhältnis zu arbeiten. «Ich bin in die Rolle als Unternehmerin hineingewachsen und erkenne natürlich die Vorteile, die sie bringt», sagt sie, «und ich freue mich, diesen Weg noch lange weiterzugehen.»

Schwestern und Freundinnen

Der Vater ist vor knapp einem Jahr überraschend verstorben. Ganz offensichtlich haben die Eltern aber im Leben ihrer Kinder deutliche Prägungen hinterlassen. Wie kommen sie ohne den väterlichen Mentor zurecht? «Wir haben von unseren Eltern alles erhalten, was wir brauchen. Aber natürlich vermissen wir ihn schmerzlich», antwortet Fabienne. «Nicole und ich sind mehr als nur Schwestern», ergänzt sie. «Wir sind die besten Freundinnen und unterstützen einander.» Weil sie nicht nur beide im Flecken arbeiten, sondern mit ihren Unternehmenskonzepten die natürliche und individuelle Schönheit ihrer Kunden in den Fokus stellen, können sie einander mit der Organisation gemeinsamer Kundenanlässe ergänzen.

 

 

Mehr zum Thema
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.